Hier finden Sie eine Übersicht der je neuesten Beiträge der Zeitschrift. Zu den Vollartikeln folgen Sie bitte den Links.
Theo(rêve)rie als Via Regia zur Jouissance?
Plädoyer zur methodologischen Enthaltung
Stefan Ohlrich
Y – Z Atop Denk 2023, 3(11), 1.
Abstract: Die Arbeit versteht sich als Beitrag im allgemeinen Spannungsfeld von psychoanalytischer Theoriebildung und Methode. Am besonderen Beispiel des Konzepts der Rêverie im Verständnis Antonino Ferros wird gezeigt, wie der Einsatz der bestehenden Theorie im analytischen Prozess die Freud’sche Methode kompromittiert: An die Stelle von Exploration und Analyse der Abkömmlinge des Unbewussten rückt die Gewissheit über die vermeintliche Wahrheit, die sich Analytiker:innen in ihren eigenen Assoziationen offenbart. Der Essay verfolgt das Problem noch tiefer: In einem weiteren Schritt legt der Autor offen, dass durch diese Präferenz der Theorie vor der psychoanalytischen Methode einem Genießen der Analytiker:innen an ihrem eigenen Unbewussten, damit einer Jouissance Vorschub geleistet wird. Die Arbeit bemüht sich, nicht einfach eine beliebige Theorie zu kritisieren, sondern schließt in Anlehnung an Jean Laplanche und Christopher Bollas mit einer Rückbesinnung auf die Freud’sche Psychoanalyse als singulärer Methode.
Keywords: Reverie, Phantasie, Jouissance, Signifikanten, gleichschwebende Aufmerksamkeit
Veröffentlicht: 30.11.2023
Ist die Moderne tatsächlich postödipal?
Lutz Goetzmann
Y – Z Atop Denk 2023, 3(11), 2.
Abstract: Heute ist gerne die Sprache von der „postödipalen Gesellschaft“, die auf das Verschwinden des Vaters zurückgeführt wird. Dieses Verschwinden wird mit dem Machtzerfall des Patriarchats gleichgesetzt. Die Idee ist, dass damit der Weg in eine postödipale Gesellschaft eröffnet wird, gewissermaßen in eine postödipale Moderne. Ich werde die Struktur des Ödipuskomplexes in Erinnerung rufen und daran anschließend die These vertreten, dass eine Gesellschaft ohne das Dritte präödipal strukturiert ist, d.h. nach dem Vorbild der narzisstischen Dyade oder – falls sich das Dritte abzeichnet – nach dem Vorbild der phallisch-imaginären Phase des Ödipuskomplexes. Unter „postödipal“ verstehe ich hingegen im Sinne Freuds, dass der Ödipuskomplex aufgelöst werden konnte. Entsprechend stellt sich die Frage, inwiefern ein nicht-patriarchales Rollenverständnis des Subjekts – v.a. des modernen Vaters – diese Auflösung ebenso fördert wie der Verzicht auf autoritäre oder auch identitäre gesellschaftliche Positionen. Dieser Verzicht könnte für eine postödipale Moderne geradezu typisch sein, auch wenn sie ständig von Regressionen bedroht wird.
Keywords: Postödipale Gesellschaft, Ödipuskomplex, Patriarchat, moderne Väter, Regression
Veröffentlicht: 30.11.2023